Künstliche Intelligenz enthüllt 70.000 neue Viren: Eine Reise in das Unbekannte der RNA-Dunkelmaterie

In diesem Artikel geht es um die Entdeckung von über 70.000 neuen Viren mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Forscher haben eine Methode entwickelt, bei der KI-Programme genetische Informationen analysieren, um neue Viren zu finden, die wir bisher nicht kannten.

Die Welt der Viren ist weitaus vielfältiger und komplexer, als bisher angenommen. Forscher haben mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: Über 70.000 zuvor unbekannte RNA-Viren wurden identifiziert, viele davon in extremen Umgebungen wie Salzseen, hydrothermalen Quellen oder der Luft. Diese Entdeckung verdeutlicht das immense Potenzial von KI, die bislang verborgenen Aspekte der biologischen Welt aufzudecken und zu verstehen – ein Bereich, den Wissenschaftler als „RNA-Dunkelmaterie“ bezeichnen.

Die Rolle der KI bei der Entdeckung

Die Grundlage dieser Forschung ist die Anwendung der sogenannten Metagenomik, einer Methode, bei der alle Genome einer Umweltprobe sequenziert werden, ohne dass einzelne Viren kultiviert werden müssen. Traditionelle Ansätze zur Virusentdeckung stoßen bei RNA-Viren oft an ihre Grenzen, da diese sich extrem schnell entwickeln und bekannte Sequenzmuster durch Evolution stark verändern. Hier kommt KI ins Spiel: Mit speziell entwickelten Modellen, die auf maschinellem Lernen basieren, können selbst Viren erkannt werden, deren genetische Struktur bisher unbekannt ist.

Ein entscheidendes Werkzeug in dieser Studie war die Integration eines KI-gestützten Protein-Vorhersagemodells namens ESMFold, entwickelt von Meta, sowie eines ähnlichen Systems namens AlphaFold, das von Google DeepMind entwickelt wurde. Beide Technologien nutzen Deep Learning, um die Struktur von Proteinen präzise vorherzusagen – ein zentraler Faktor, um neue Virusarten zu identifizieren.

Die Forscher entwickelten darüber hinaus ein Modell namens LucaProt, das auf der „Transformer“-Architektur basiert, einer Technologie, die auch hinter der Sprach-KI ChatGPT steht. Diese Modelle wurden mit Sequenzierungsdaten und Protein-Vorhersagen trainiert, um virale RNA-abhängige RNA-Polymerasen (RdRp) zu erkennen, ein Schlüsselprotein für die Replikation von RNA-Viren. Durch die Analyse großer Datenmengen konnten so insgesamt über 161.979 RNA-Viren entdeckt werden, darunter viele, die zuvor völlig unbekannt waren.

Die Herausforderung der RNA-Viren

RNA-Viren zeichnen sich durch ihre hohe Mutationsrate aus, was sie besonders schwer identifizierbar macht. Bisherige Methoden zur Erkennung von RNA-Viren stützten sich auf bekannte Sequenzmuster von RdRp, einem Enzym, das in der RNA-Replikation eine zentrale Rolle spielt. Doch viele neue Viren weisen Sequenzvarianten auf, die so stark von bekannten Mustern abweichen, dass sie mit traditionellen Ansätzen oft nicht erfasst werden können.

Die von den Forschern entwickelte Methode, die sowohl maschinelles Lernen als auch Proteinstrukturvorhersage kombiniert, eröffnete neue Möglichkeiten, auch jene Viren zu entdecken, die durch evolutionäre Veränderungen bislang im Dunkeln lagen. Die Daten zeigten, dass diese neuen Viren teilweise ungewöhnlich lang sind und in extremen Lebensräumen wie heißen Quellen oder Salzseen vorkommen – ein Hinweis darauf, wie anpassungsfähig und vielfältig RNA-Viren sind.

Die Bedeutung der Entdeckung

Die Entdeckung dieser neuen Viren hat nicht nur wissenschaftlichen Wert, sondern auch potenzielle Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Viele der neu identifizierten Viren könnten Erklärungen für bisher ungeklärte Krankheiten liefern. Die genaue Charakterisierung dieser Viren könnte es ermöglichen, potenziell gefährliche Krankheitserreger frühzeitig zu erkennen und neue Ansätze zur Prävention und Behandlung zu entwickeln.

Ein weiterer Vorteil dieser Forschung liegt in der Erweiterung des „Virosphären-Pools“. Das bedeutet, dass durch die Identifizierung neuer Viren auch die Chance steigt, ähnliche Viren leichter zu erkennen. Es ist, als würde man ein größeres Netzwerk aufspannen, das es ermöglicht, das zuvor Unsichtbare sichtbar zu machen.

KI-Kategorien im Einsatz

Die verwendeten KI-Technologien lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen, die maßgeblich zur Entdeckung der neuen Viren beigetragen haben:

  1. Maschinelles Lernen (ML): Diese KI-Kategorie umfasst die Algorithmen, die aus großen Datenmengen lernen und Muster erkennen können. In dieser Studie wurde ML genutzt, um aus den genetischen Sequenzen Muster zu extrahieren, die auf das Vorhandensein von RNA-Viren hinweisen, auch wenn diese Sequenzen stark von bekannten abweichen.
  2. Deep Learning und Transformer-Architektur: Das Modell LucaProt basiert auf der „Transformer“-Architektur, die auch in Sprach-KI-Systemen wie ChatGPT eingesetzt wird. Durch die Fähigkeit, komplexe Beziehungen in großen Datenmengen zu erkennen, konnte das Modell die RNA-Viren effizienter als herkömmliche Methoden identifizieren.
  3. Proteinstrukturvorhersage: ESMFold und AlphaFold sind bahnbrechende Werkzeuge im Bereich der Proteinforschung. Sie ermöglichen es, die Struktur von Proteinen vorherzusagen, die essenziell für die Replikation von Viren sind. In Kombination mit maschinellem Lernen konnten so bislang unbekannte Virusarten gefunden werden.

Der Nutzen dieser KI-Technologie

Die Anwendung von KI zur Entdeckung neuer Viren bietet einen enormen Vorteil: Durch die Automatisierung der Analyse riesiger Datenmengen kann der Entdeckungsprozess signifikant beschleunigt werden. Was früher jahrelange Forschungsarbeit erforderte, kann nun in kürzester Zeit erfolgen. Zudem eröffnet diese Technologie neue Perspektiven im Bereich der Krankheitsbekämpfung und der Biotechnologie. Die Erkenntnisse aus der Charakterisierung neuer Viren könnten beispielsweise zur Entwicklung neuartiger antiviraler Therapien oder Impfstoffe führen.

Vereinfachte Zusammenfassung

In diesem Artikel geht es um die Entdeckung von über 70.000 neuen Viren mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Forscher haben eine Methode entwickelt, bei der KI-Programme genetische Informationen analysieren, um neue Viren zu finden, die wir bisher nicht kannten. Viele dieser Viren leben an ungewöhnlichen Orten wie Salzseen oder heißen Quellen. Diese neue Methode ist besonders wichtig, weil sie uns helfen kann, Viren zu finden, die Krankheiten verursachen könnten. Außerdem eröffnet die Entdeckung neuer Viren die Möglichkeit, zukünftige Krankheiten besser zu verstehen und zu verhindern.

Diese Entdeckung zeigt, wie mächtig KI sein kann, um komplexe und verborgene Informationen zu entschlüsseln. Es geht nicht nur darum, die Wissenschaft voranzutreiben, sondern auch darum, wie diese Technologien eines Tages dabei helfen könnten, die Gesundheit der Menschheit zu schützen.

Quellen:

  1. https://www.nature.com/articles/d41586-024-03320-6
  2. https://www.scinexx.de/news/biowissen/mehr-als-161-000-neue-rna-viren-entdeckt/
  3. https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(24)01085-7

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