Pragmatischer Umgang mit Patientendaten und KI

Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin: Chancen und Herausforderungen

Die Nutzung von KI in der medizinischen Forschung bietet enorme Möglichkeiten. Allerdings gibt es viele technische und datenschutzrechtliche Herausforderungen, besonders wenn es um Patientendaten geht. Ein aktuelles Positionspapier von Dr. Carsten Marr und seinem Team von Helmholtz Munich untersucht diese Themen und gibt Empfehlungen für die Bereiche Hämatologie und Onkologie.

Empfehlungen für eine bessere Nutzung von Patientendaten

Die Experten schlagen folgende Maßnahmen vor, um gesetzliche Rahmenbedingungen und technische Infrastruktur zu verbessern:

  1. Standardisierte digitale Gesundheitsdatendokumentation:
    • Einführung einheitlicher Standards zur Erfassung und Verwaltung von Gesundheitsdaten.
    • Bereitstellung von Schnittstellen, die einen einfachen Austausch von Daten ermöglichen.
  2. Anreize und Ressourcen für die Datenerhebung:
    • Unterstützung von medizinischen Primärversorgern bei der Erfassung und Bereitstellung von Patientendaten.
  3. Leistungsstarke und sichere Infrastruktur:
    • Entwicklung und Bereitstellung von Technologien, die große Mengen an Gesundheitsdaten effizient und sicher verarbeiten können.
  4. Länderübergreifende Datenschutzbestimmungen:
    • Harmonisierung der Einwilligungs- und Datenschutzregelungen, um den Zugang zu Daten für die Forschung zu erleichtern und gleichzeitig das medizinische Gemeinwohl zu berücksichtigen.

Potenzial der KI in der medizinischen Forschung

„Moderne KI-Modelle können Krankheiten anhand genetischer Daten vorhersagen, Zellen klassifizieren, neue Zusammenhänge zwischen Krankheiten und deren Ursachen aufdecken und die Basis für personalisierte Therapien schaffen. Es ist wichtig, dass die Politik sich auf die Heilung schwerer Krankheiten konzentriert und unnötige Hürden beim Datenzugang abbaut. Nur so können wir das volle Potenzial der KI nutzen und die Gesundheitsversorgung verbessern“, erklärt Dr. Carsten Marr, Leiter des Instituts „AI for Health“ bei Helmholtz Munich.

Technische und Personelle Herausforderungen in der KI-basierten medizinischen Forschung

Wichtigkeit großer Datenmengen: Um leistungsfähige KI-Modelle zu entwickeln, benötigt man viele Daten aus verschiedenen Quellen. Diese Daten sollten in Cloud-Plattformen gespeichert werden, die genug Speicher- und Rechenkapazität bieten. Dadurch können Forschende die Daten teilen und nutzen, was die KI-Modelle verbessert und sie für verschiedene Patientengruppen anwendbar macht. Anbieter wie AWS, Google, Microsoft in den USA und Aleph Alpha, IONOS, STACKIT, Hetzner in Europa bieten dafür passende Lösungen.

Anonymisierung der Daten: Bevor Daten geteilt werden, müssen sie anonymisiert oder pseudonymisiert werden, um den Datenschutz zu gewährleisten.

Datenverarbeitung: Die klassische Methode, KI-Modelle zu trainieren, erfordert, dass Daten konsistent gesammelt und gespeichert werden. Danach müssen diese Daten in spezifische Cloudspeicher hochgeladen und standardisiert verarbeitet werden. Technologien wie „Confidential Computing“ schützen die Daten nicht nur im Speicher, sondern auch während der Verarbeitung.

Herausforderungen durch fehlende Standards: Ein großes Problem ist das Fehlen einheitlicher digitaler Strukturen und Standards. Die elektronische Patientenakte (ePA) könnte helfen, wenn sie richtig genutzt wird. Derzeit verhindern verschiedene, nicht standardisierte Systeme eine einfache Zusammenarbeit und Datennutzung.

Interoperabilität: Entwickler von Klinik-, Arzt- und Laborinformationssystemen schützen oft ihre Marktposition und machen es schwierig, Daten zwischen verschiedenen Systemen auszutauschen. Es bleibt abzuwarten, ob neue Gesetze genug Druck auf diese Entwickler ausüben, um die Interoperabilität zu verbessern.

Fortschrittliche Lernmethoden: Techniken wie Swarm Learning und Federated Learning sind in der Entwicklung und bieten zukünftige Möglichkeiten, Gesundheitsdaten effizient zu nutzen, ohne dass die Daten selbst geteilt werden.

Hoher Ressourcenbedarf: Das Training großer KI-Modelle, wie chatGPT, erfordert viel Hardware und Energie, was mit hohen Kosten verbunden ist.

Anreize und Herausforderungen für medizinisches Personal: Es ist wichtig, Anreize zu schaffen, damit Krankenhäuser und Arztpraxen die notwendigen Daten sammeln und strukturieren. Patienten und medizinisches Personal sollten für ihre Beteiligung und den zusätzlichen Aufwand entschädigt werden. Trotz hoher Unterstützung der Ärzteschaft für die Datennutzung in der Forschung, ist eine Entlastung der zusätzlichen Arbeitsbelastung notwendig.

Fazit: Durch gezielte Maßnahmen und eine angepasste Gesetzgebung kann das volle Potenzial der KI in der medizinischen Forschung ausgeschöpft werden, um die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern.